Die Freundinnen

Mittwoch, 9.12.1964 21:00  ! Köhlersaal
21:00 Die Freundinnen

Programmheft WS 1964/1965:

Clelia, eine junge Römerin, soll in Turin die Filiale eines Modesalons einrichten. Sie schließt sich einer Gruppe junger Frauen an, die, jede gemäß ihres Charakters, in Liebesabenteuer verstrickt, dahinleben.

Dieser Film ist mehr eine Chronik als eine Erzählung; der harte Ton geht jedem Gefühlseffekt, jeder dramatischen Steigerung aus dem Wege. Die Eigenart des Ausdrucks und gerade jene Härte sind der Hauptreiz von Antonionis faszinierendem Werk.

Die Überlegenheit der weiblichen Porträts über die männlichen beeindruckt in L'AMICHE‚ ebenso wie in allen neueren Filmen des Künstlers. Niemals wurden uns auf der Leinwand so klar gezeichnete Charaktere dargeboten, die in ihrer Verschiedenheit, in ihren Widersprüchen so echt sind wie diese »Freundinnen«. Es ist eine erstaunliche Skala von gleichermaßen wunderbarer Grausamkeit und Wärme: Rosetta ist eitel Schwäche und Unwissenheit, sie sehnt sich nach der Liebe, die ihr das eigene Ich offenbaren soll; ihre erbärmliche, von Stolz durchdrungene Sanftmut (man denke an ihre Haltung, als sie die Geliebte des Malers Lorenzo geworden ist) spielt sie sich ein wenig selbst vor; der eitle Versuch eine Rolle zu spielen, der sie nicht gewachsen ist, zerbricht sie. »Ein dummes Ding«, sagt Momina (eine der Frauen) mit grausam klarem Blick.

Clelia hat einen klaren Kopf; sie weiß, was sie will und wohin sie geht. Sie ist sensibel, echt, menschlich, läßt sich weder von ihren Gefühlen, noch von ihren Begierden, nicht einmal von ihren Bestrebungen beherrschen, da sie sich nicht scheut, ihre Karriere aufs Spiel zu setzen, um die Wahrheit herauszuschreien. Aber sie weist die Liebe zurück, die sie zwingen würde, ihre Persönlichkeit aufzugeben. Nene, die Frau des Malers Lorenzo, hat in ihrem Mitleid denselben klaren Blick wie Momina in ihrem Stolz und Clelia in ihren Liebesbeziehungen.

Momina vor allem, die von Yvonne Fourneau ausgezeichnet gespielt wird, lebt in einem Milieu von Intrigen, verursacht und verwirrt sie, löst sie mit sadistischer Freude mit dem Behagen einer Katze, sie ist ihrer selbst, ihrer Härte und ihres schrecklichen Gleichgewichts sicher, denen ein paar Tränen der Wut (mehr als der Demütigung) nicht widersprechen. Sie alle, auch die blonde Mariella, die am Rande behandelt wird, aber in ihrer unschuldigen Torheit ebenso echt wirkt, bilden eine Galerie von Porträts, die der beste Schriftsteller anerkennen müßte.