Das höhere Prinzip

Mittwoch, 15.5.1968 21:00  ! Köhlersaal
21:00 Das höhere Prinzip

Programmheft SoSe 1968:

In der Zeit der deutschen Besatzung der Tschechoslowakei erlauben sich einige Gymnasiasten einen Ulk, der gegen den gerade verstorbenen Heydrich gerichtet ist. Sie werden denunziert, verhaftet, von einem deutschen Sondergericht zum Tode verurteilt und erschossen. Die Aktualität dieser Geschichte gerade für uns wird noch durch ihre subtile Anlage erhöht: da erscheinen am Rande ein tschechischer Advokat, der die ihm gegebenen Möglichkeiten zur Intervention aus Angst nicht ausnutzt, ein „weltfremder“ Professor für klassische Philologie (sein Spitzname lautet „Höheres Prinzip“), der dagegen den Mut aufbringt, sich für die Begnadigung der Verhafteten einzusetzen, ein deutscher SS-Offizier‚ der dem Pfadfinderprinzip von der täglichen guten Tat anhängt. Die Lebendigkeit der zum großen Teil jugendlichen Darsteller, die Präzision, mit der hier eine von Unterdrückung und Terror geschwängerte Zeitatmosphäre restituiert wird, vor allem aber die sehr eingehende Kritik konformistischen Verhaltens (an der Person des Advokaten „zwischen den Fronten“) heben „Das höhere Prinzip" weit über den Durchschnitt jener Filme, in denen der Widerstand gegen das Hitler-Regime zum Klischee erniedrigt wird. (Filmkritik 8/60)

Der Gestapo gegenüber, die wegen einer Heydrich-Karikatur drei Schüler hinrichtet, stehen die tschechischen Lehrer nicht als Gegner, sondern als ahnungslose Opfer, die an die Fiktion der Rechtmäßigkeit aller staatlichen Anordnungen glauben. Sie werden bestenfalls als sich wandelnde gezeigt.
Ein Stück Dialektik: gerade das starre Denken des Professors „Höheres Prinzip“ hilft ihm einsehen, daß der Mord an einem Tyrannen kein Verbrechen ist.

(Herbert Linder in Filmkritik 12/64)