Ladykillers

Mittwoch, 29.5.1968 21:00  ! Köhlersaal
21:00 Ladykillers

Programmheft SoSe 1968:

Zusammen mit Frank Capras „Arsen und Spitzenhäubchen“, Robert Hamers „Adel verpflichtet" und Pletro Germis „Scheidung auf Italienisch“ gehört Alexander Mackendricks 1955 entstandener Farbfilm „Ladykillers“ zu den absuluten Spitzenprodukten des Genres Kriminalkomödie.

In „LadykiIIers" plant ein Gangsterquintett unter Guinnes' Leitung den perfekten Geldraub. Es mietet sich, als Kammermusikvereinigung, bei einer jener schrulligen alten Jungfern ein, an denen Englands Filme so reich sind. Die Kästen der Geigen, Bratschen und Celli lassen sich, man weiß es, herrlich zweckentfremden; Maschinengewehre haben Platz und — wenn der Raub verübt ist — Geldpakete beträchtlichen Umfangs. Während die Nadel des mitgebrachten Grammophons einer Schallplatte etwas von Boccherini, und Boccherini wiederum der Iauschenden Jungfer Tränen der Rührung entlockt, tifteln die Ganoven hinter verschlossenen Türen ihren großen Coup aus. Der gelingt — natürlich; jetzt gilt es nur noch, einen leichten Grasansatz über die Sache wachsen zu lassen. Die alte Jungfer, penetrant-liebenswürdig‚ betulich, geht den Räubern nach Kräften auf die zarten Nerven. Sie schusselt hin und her, sucht zu bemuttern und ist immer eine Nasenlänge davon entfernt, den Unrat zu riechen und die Sache auffliegen zu lassen. Was also tun? Umbringen! Die Notwendigkeit ist allen klar, doch niemand will es tun. Ein groteskes Ballett von verhinderten Mördern rund um die Ahnungslose kommt in Schwung. Und — Tücke des Schicksals —— ein Verbrecher nach dem anderen bleibt auf der Strecke. Dem letzten fällt, ein Vorschlaghammer der rächenden Nemesis, der Arm eines Eisenbahnsignals, auf das er sich in seiner vom Nebel vervielfältigten Angst geflüchtet hatte, auf den Kopf. Bumms! T. E. B. Clarks Drehbuch hat in dieser makabren Schlußpointe eine seiner stärksten Szenen.
Die Komik der „Ladykillers“ ist mehrbödig. Sie ist, zunächst einmal, die Komik der Parodie: „Ladykillers“ — das ist unter anderem auch die Persiflage von „Rififi" (möglicherweise unbeabsichtigt; denn beide Filme entstanden Im gleichen Jahr), die Persiflierung von Vorgängen, die man höllisch ernst zu nehmen gewohnt ist. Dazu kommt die übliche Tragikomik aller Kriminalkomödien (mit Ausnahme der „Scheidung auf Italienisch“): die Vergeblichkeit der verbrecherischen Bemühungen. Und schließlich ist da die bis zum Äußersten getriebene Diskrepanz zwischen Sein und Schein. Für die alte Dame im Zentrum des Films ist buchstäblich nichts so, wie es sich ihr darstellt. Sie sieht Biedermannsmasken, der Zuschauer im Parkett erkennt Galgenvogelgesichter, sie lauscht ergriffen den Proben eines Streichquartette, der Zuschauer sieht, wie die Ganoven, um die Täuschung der Lauschenden vollkommen zu machen, die Nadel vom Grammophon abnehmen und - unter pseudofachmännischem Kommando „drei Takte vor A“ wieder einsetzen. Und weil der Zuschauer weiß, was die alte Jungfer nicht weiß: daß ihre vermeintlich sensiblen Künstler das Gemüt von Fleischerhunden haben, daß der Kaffee, den sie nicht trinkt, vergiftet ist und die Musik der sie ergriffen zuhört, eine Konserve — deshalb vor allem lacht er Tränen.