Die Puppe | Die Austernprinzessin

Donnerstag, 1.11.1984 19:00  ! Audimax
19:00 Die Puppe

Baron de Chanterelle hat ein Problem: Sein Neffe Lancelot, einziger Erbe, ist noch nicht verheiratet, und zeigt auch keine Ambitionen, das zu ändern. Der Baron trommelt also alle Jungfrauen des Dorfs zusammen, auf dass sich Lancelot schleunigst mit einer von ihnen vermäle. Dieser flüchtet und versteckt sich in einem – definitiv frauenfreien – Mönchskloster, wo ihm die Mönche einen Vorschlag machen: er könne doch wenigstens eine Puppe heiraten. Später trifft Lancelot auf den Puppenmacher Hilarius, der gerade eine Puppe fertiggestellt hat: das exakte Ebenbild seiner schönen Tochter Ossi. Lancelot bekommt eine Idee...

MH


Programmheft WS 1984/1985:

Baron de Chanterelle, ein ewiger Junggeselle ohne (legitimen) Nachfolger, fürchtet, daß er bald sterben muß. Bald nimmt der Wunsch, sein Neffe Lancelot möge es besser machen, konkrete Formen an: vierzig Jungfrauen sind allein hinter Lancelot her, der für sie Geld und Titel verkörpert. Von soviel konkreten Formen verschreckt, flieht Lancelot in ein Kloster, den einzigen Platz, wo seiner Meinung nach Frauen unbeliebt sind. Dort wird er mit Brot und Wasser gespeist, denn auch Gottes Legionen kennen Geldsorgen. Man weiß im Kloster aus diesem Dilemma nur den Ausweg, sich vor lauter Trübsal der Völlerei, der 'harmlosesten aller Todsünden' hinzugeben: bis man erfährt, daß der alte Baron 300 000 Franken bezahlt, wenn sein mißratener Neffe verkuppelt wird. Appelle an Lancelots Mitgefühl bringen ihn dazu, daß er verspricht, statt einer Frau eine Puppe zu ehelichen. Er heiratet das Werk eines berühmten Puppenmachers, eine Puppe, die alles kann: tanzen, sprechen, lieben. Als er ins Kloster zurückkehrt, gibt es keine finanziellen Sorgen mehr, wohl aber fällt es ihm schwer, die Puppe, die er inzwischen liebgewonnen hat, einzuschmuggeln. Als er entdeckt, daß die Puppe in Wirklichkeit die Tochter des Meisters ist, hat er sich volkommen in sie verliebt.
 
...Szenen wie diese sind das Produkt von Lubitschs Einstellung, alles zu reduzieren, bis nur mehr das Lächerliche, Abstrakte, das sich in allem findet, übrig bleibt. Daran zeigt er den Verfall einer Epoche - ohne Zynismus und ohne Rührseligkeit, da er die nächste schon begriffen hat. So sieht er den Heldensagen-Kult des Dritten Reiches voraus, parodiert ihn in der PUPPE, nimmt all den Pomp der Periode in der BERGKATZE vorweg und macht sich in KOHLHIESELS TÖCHTER über bäuerliche Ideale lustig. Die Motive, die ihn dazu führen, sind jedoch nicht politischer Natur, er will nichts verändert. Immer wieder spinnt er seine Fabeln um eine materialistisch orientierte, dekadente Gesellschaft, als deren typischer Vertreter ja er selbst gelten könnte. Seine "Kritik" entspringt der bloßen Feststellung, der Verspieltheit, der Lust, Märchen zu schaffen, die Wahrheit zu überspitzen...

MH
0:00 Die Austernprinzessin

Programmheft WS 1984/1985:

Das erste dieser vier Meisterwerke des Humors war die AUSTERNPRINZESSIN, in dem Lubitsch das alte Thema "Neureich" aufgreift und die Gründe darlegt, die zum Verfall geführt haben. Er tut das aber nicht aus der Sicht des neidischen Bürgers, sondern hält den Abstand eines Mannes, der seiner Zeit weit voraus ist: Miß Quaker, die Tochter eines "Austernkönigs", hat - wieder einmal einen Wutanfall. Denn sie will - wieder einmal - etwas: diesmal einen Mann, womöglich einen Adligen, einen Prinzen gar. Der Vater zitiert einen Heiratsvermittler herbei, und als geeignetes, weil überaus verschuldetes Opfer wird Prinz Nucki auserkoren. Der aber schickt seinen Freund Josef vor, um zu erkunden, ob das Mädchen auch standesgemäß genug (sprich: reich genug) sei. Da man Josef jedoch nicht zu Wort kommen läßt, ihn für den Prinzen hält und sofort verheiratet, ist Prinz Nucki, wie schon so oft, auf die Gebefreudigkeit seiner "Freunde" angewiesen. Im Austern-Schloß wird unterdessen ein Fest gefeiert, bei dem sogar der Austernkönig, der bisher alles verschlafen hat, vom Foxtrott-Fieber ergriffen wird. Josef kann sich nach langer Zeit wieder einmal satt essen und betrinkt sich. Als sich alle zur Ruhe begeben, finden wir die "Prinzessin" mit ihren Teddybären und den Prinzen mit seinen "Affen" im Bett...